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Sarah Wiener

Sarah Wiener – Über gesundes Kochen

Stellen wir uns vor, ich habe Kochgeschirr aus Stahl in meinen Küchenschränken. Sollte ich jetzt sofort in den nächstbesten Laden laufen, um mir neue Töpfe zu kaufen und die alten gleich entsorgen?

Wirklich komplett aus Edelstahl? Und sie haben keine Allergien? Wir dürfen nicht vergessen, dass wir auch ein Ressourcen- und Verschwendungsproblem haben. Wenn Sie aber eine Allergie haben, dann weg damit; herschenken wäre eine Möglichkeit. Ich würde gesundheitlich bedenkliche Dinge eher immer entsorgen und natürlich auch kaputte. Und unsinnige würde ich an jemanden verschenken, der Freude damit hat. Für mich spielt allerdings auch der Herstellungsprozess eine wichtige Rolle.

Nach welchen Kriterien könnte ich mir mein neues Geschirr kaufen und weshalb sollte ich das tun? 

Ein (Koch-)Geschirr sollte viele Kriterien erfüllen. Zum einen sollte die Unbedenklichkeit der Materialen gewährleistet sein, das ist bei Teflon und Plastik, bei Verbundstoffen und auch bei bestimmten Farben aus Asien nicht der Fall. Dann sollte es funktionell sinnvoll und praktisch sein; also möglichst gleichmäßig, schnell und langanhaltend erhitzen. Das Material sollte recyclingfähig und komplett ungiftig sein. Pfeffermühlen zb. sollten keinesfalls durchsichtig sein und auch nicht aus Plastik, denn da leidet das Aroma von Gewürzen. Küchenutensilien, und im Grunde betrifft das alle Alltagsgegenstände, mit denen wir arbeiten, sollten robust, langlebig, nachhaltig, gesund und pflegeleicht sein und natürlich spielt die Ästhetik auch keine unerhebliche Rolle. Immer sollte aber gelten: Form follows function! Die Form folgt der Funktion und nicht umgekehrt. 

Wo kann ich mich seriös über mögliche Schadstoffe in meinem Kochgeschirr informieren?  

Ich fürchte das ist sogar so wie bei den meisten industriellen Nahrungsmitteln: das Wissen darüber zu erlangen ist äußerst schwierig und langwierig. Im Grunde haben Sie nur Gewissheit, wenn jemand die gesamte Produktionskette an einem Ort macht und transparent ist. Wie zb. bei der Herstellung von deutschen Kochmessern – die richtig regional produzierten können sie an einer Hand abzählen. So ähnlich ist das mit dem Kochgeschirr. Ich finde es besser mittelständische regionale Firmen zu unterstützen, die Ihnen dann auch gern zu allen Fragen offen und transparent Auskunft geben.

Was passiert mit den Schadstoffen, die sich in den Kochtöpfen befinden? Gehen diese wie von Zauberhand auf unsere Nahrungsmittel über? Wie werden unsere Speisen durch die Schadstoffe beeinträchtigt und was passiert in unseren Körpern damit? 

Viele ungesunde, zumindest fragwürdige Substanzen lösen sich besonders gut in Flüssigkeiten und/oder Hitze, manche Umweltgifte dringen auch durch die Haut ein. Es gibt hormonwirkende Substanzen (EDCs), die so klein sind, dass sie sogar die Blut-Hirn-Schranke bei Ungeborenen überwinden und somit das Hirn schädigen können. Bei Kindern und Jugendlichen können bereits extrem geringe Dosen zu Störungen im Hormonhaushalt kommen, teilweise wirken sich die niedrigeren Dosen sogar stärker aus als höhere Dosen.

Dann gibt es Stoffe, die unser Mikrobiom im Darm beeinträchtigen oder sogar schädigen. Manche Giftstoffe, zb in recycelten Pizzakartons essen sie durch den Pizzaboden mit. Die Abnahme von Silikon in Silikonförmchen können sie direkt nach jedem Backvorgang messen. Selbst unsere Nahrungsmittel sind leider oft kontaminiert, mit Pestiziden und Umweltgiften, Mineralölrückständen oder Weichmachern. Es gibt unter den zigtausenden Zusatzstoffen und technischen Hilfsstoffen viele Stoffe, die in Verbindung mit Stoffwechselproblemen, Hirnerkrankungen, Allergien, Diabetes, Fettsucht und, und, und, stehen. Es gibt viele Studien und Indizien, die die Verbindung zu unserer Gesundheit und unserer Ernährung, aber auch zu zahlreichen Umweltgiften aufzeigen. 

Wir sollten keinen Grabenkrieg führen, welcher der vielen chemischen Stoffe sicher oder vielleicht schädlich ist. Unser Ziel sollte sein: traditionell und vielfältig und gesund zu essen. Denn schon der schwere Verarbeitungsgrad unserer Fertigprodukte macht viele von uns krank.

Das Bewusstsein für Umweltgifte wächst zum Glück in der Bevölkerung. Gerade bei Nahrungsmitteln achten wir zusehends auf Bio-Qualität und Nachhaltigkeit. Warum genügt das heutzutage nicht (mehr)?  

Essen ist kompliziert geworden. Am besten wir essen Selbstgekochtes aus ökologischem Anbau, aus der Region. Da schmeckt man auch die Liebe und rettet zahlreiche Getreide-, Gemüse- und Obstsorten, die aufgrund einer angepassten Industriestrategie immer mehr aussterben.

Wer informiert mich als Nickelallergikerin darüber, dass Stahlkochtöpfe suboptimal für die Zubereitung meiner Speisen sind?

Ich kenne keine öffentliche Stelle. Es informiert uns allerdings leider auch kaum jemand darüber, was in Pflegeprodukten oder in Klamotten für Stoffe drinstecken, die krank machen können. Eine Gesellschaft, die in ihren reichsten Ländern zerstörenden Mineraldünger und zigtausend Pestizide auf fruchtbarem Boden und letztlich auf unsere Lebensmittel kippt und sich nicht wehrt und mehr Sinn und Transparenz fordert, hat ein echtes (Überlebens) Problem.

Denken wir an die vielen Metallelemente in Teekannen oder Wasserkochern oder anderen Küchenhelfern. Worauf sollten wir unbedingt achten? 

Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich selbst schon sehr lang instinktiv auf Holz, Hanf, Bast, Gras, Glas und Emaille setze, überall wo es möglich ist. Ich unterstütze auch seit Jahrzehnten viele Handwerker, ob Fleischer/innen, Bäcker/innen oder Keramik- und Tonkünstler/innen. Denn bei der Ernährung müssen wir eben auch den ganzen Kreislauf im Auge behalten. Außerdem macht es Freude sich durch individuelle, mit Liebe gemachte Gegenstände, auch mit Menschen zu verbinden. Leider reagieren und sensibilisieren sich viele erst, wenn sie krank werden. Wir versuchen dann einen Giftstoff zu vermeiden und setzen uns vielleicht ohne Not zig Giftstoffen zeitgleich aus.

Sie haben eine richtige coole Sarah Wiener Edition mit Riess gemacht. Was war Ihre Intention? 

Handwerk, Ästhetik, Gesundheit, Transparenz, Regionalität, sinnvolles Kochen und Familienbetriebe zu ehren und zu unterstützen. Mir gefällt die Idee, mein Geschirr meiner Enkelin vererben zu können und mir gefällt die Idee, dass ich damit einen sehr alten nachhaltigen Familienbetrieb unterstütze, der einfach auch wunderschönes Geschirr erzeugt.

Was können wir alle gemeinsam dazu beitragen, in einer besseren, gesünderen Welt zu leben und möglichst viele Menschen darüber aufzuklären auf unsere Umwelt zu achten?

Wir können selbst Vorbild sein. Die Handwerker in der eigenen Region zu unterstützen. Nachhaltig und informiert einkaufen. Nichts kaufen, was ich zumindest theoretisch nicht genauso nachmachen/nachkochen könnte. Alles was schon komisch riecht und wofür im Fernsehen große und lange Werbekampagnen gemacht werden: Finger weg. Wissen teilen, Netzwerke gründen. Positiv bleiben. Und: selber kochen!

Was ist ihr Lebensmotto oder Lebensweisheit, die Sie unseren Lesern mitgeben können?

Es gibt zwei: die Natur unterstützt die Unterstützer. Und: die Liebe schlägt jedes andere Prinzip.

Fotocredit: Sarah Wiener

Köchin, Unternehmerin, Politikerin, Autorin